„Billige Lebensmittel führen zu Armut“

Mit diesem eingänglichen Satz fasste die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Dr. Manuela Rottmann, das eineinhalbstündige Gespräch mit den beiden bayerischen BDM-Landesteamleitern Manfred Gilch und Hans Leis, zusammen.

Verramschte Lebensmittel führen nämlich nicht nur zu Problemen auf der Erzeugerseite, sondern können im Exportfall auch Landwirtschaft und Verbraucher in Schwellen- und Entwicklungsländern unter ökonomischen Druck setzen.

Trotz der, gegen Ende des Gesprächs globalen Perspektive stand der deutsche und europäische Milchmarkt und dessen problematische Strukturen eindeutig im Zentrum des Gesprächs. Zu Beginn mahnte Manfred Gilch eine neue Agrarpolitik an: Die Zeit von kosmetischen Veränderungen und kleinen Verschiebungen in der GAP, die dann mit weiteren staatlichen Zahlungen garniert seien, reichten nicht mehr aus. Ebenso sei der, von politischer Seite präferierte Ausweg, eine Veränderung der Situation nur über die Stellschrauben „Tierwohlabgabe“ und „Nachhaltigkeitsprogramme“ zu erreichen, an der realen Situation auf den Betrieben vorbei gedacht, so Gilch. „Um die ständig steigenden Anforderungen an uns Erzeuger hinsichtlich Tierwohl, Umweltschutz und nachhaltige Versorgungssicherheit gewährleisen zu können, brauche es schlussendlich eine deutliche und nachhaltige Verbesserung der Marktstellung der Erzeuger, so der Landesvorsitzende. Ebenso sei auch in der aktuellen Situation, die geprägt durch ein eher knappes Angebot und steigende Preise sei, der Markt potentiell noch immer so krisenanfällig wie vor einigen Jahren.

Hier zeigte die Staatssekretärin durchaus Interesse an der Thematik und untermauerte ebenso das Interesse des BMEL an einer Problemlösung. Sei persönlich habe sich mit den Perspektiven des Milchmarktes auseinandergesetzt und verwies auch auf das stattgefundene Milchgespräch mit ihrer Amtskollegin Dr. Ophelia Nick. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung sei die Beobachtung des Milchmarktes festgeschrieben, einer Aufgabe, der sich aktuell das Thünen-Institut widme, so Rottmann. Ebenso habe das BMEL auch die Möglichkeiten der Artikel 148 und 201 a GMO auf dem Schirm.

Als Juristin halte sie allerdings die Ausweitung der Gültigkeit des Artikel 148 GMO auf den Genossenschaftsbereich aufgrund des weitgehenden Selbstorganisationrechts der Genossenschaften für problematisch. Eventuell sei es entscheidender, so die Staatssekretärin, schon heute die Debatte zur Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2027 mitzugestalten, um dann als notwendig erachtete Veränderung in der Europäischen Rechtssetzung unterzubringen. Erkennbar war allerdings in den Äußerungen der BMEL-Vertreter, dessen Arbeitsebene von Frau Ministerialdirigentin Hartwich aus der Unterabteilung 41 (Agrarmärkte, Ernährungswirtschaft) repräsentiert wurde, dass noch immer auf eine Lösung im „traditionellen“ Rahmen – also entweder über eine „Branchenorganisation“ entlang der gesamten Wertschöpfungskette oder eine Reform des Genossenschaftsrechts – präferiert wird.

In Hinblick auf die UTP-Richtlinie, die Anfang 2023 evaluiert werden solle, stellt sich wohl auch noch das Bundesministerium die Frage, wo Durchsetzungs- bzw. Sanktionsmöglichkeiten liegen könnten. Ebenso ergäben sich auch bei einem angedachten Verbot des Verkaufs und Produktionskosten noch weitergehende Fragen. So sei nicht klar, wo die Untergrenze für den Verkauf eines bestimmten Produktes eigentlich zum Liegen kommen solle. Das Thünen-Institut sei hier mit einer Berechnung beauftragt, deren Ergebnisse aber wohl erst Anfang 2023 vorliegen könnten, so Rottmann.

Insgesamt zeigte sich Frau Dr. Rottmann sehr aufgeschlossen gegenüber den Überlegungen des BDM, der Erzeugerebene mehr Marktgewicht zu verschaffen. Deswegen wurde abschließend vereinbart, ein weiteres in Präsenz stattfindendes Gespräch, zu organisieren, um die Thematik weiter zu vertiefen und weitere offene Fragen besprechen zu können.