BY: Reutberg: Forderung nach einer anderen Agrarpolitik

Traditionell gut besucht war der diesjährige Milchbauernabend im oberbayerischen Kloster Reutberg. Waren als Ehrengäste und Festredner doch Lutz Ribbe, Agrarexperte im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, BDM-Bundesvorsitzender Romuald Schaber und sein Vorstandskollege Stefan Lehmann anwesend. Nach der Begrüßung durch BDM-Landkreisvorsitzenden Johann Falter und das Grußwort des Sachsenkamer Bürgermeisters Johann Schneil ergriff Lutz Ribbe das Wort und widmete sich der Frage, ob die EU eine neue Agrarpolitik bräuchte.

Hier führte er aus, dass die Versprechen der EU-Agrarpolitik, welche den Erhalt bäuerlicher Betriebe, die Schonung von Natur und Kulturlandschaften und der ländlichen Kultur gewesen seien, brutal verfehlt worden wären. Die Industrialisierung der Landwirtschaft werden weiterhin unter dem Namen „Strukturwandel“ verdeckt und entpuppe sich langfristig als schlimme Vernichtungspolitik. Bezeichnend hierfür sei die Tatsache, dass der Bundesfachausschuss Landwirtschaft und Ländliche Räume der CDU ein Programm zur Landwirtschaftspolitik veröffentlicht habe, in welchem auf 54 Seiten kein einziges Mal das Wort „Erzeugerpreise“ vorkomme. Die EU brauche daher nicht nur eine andere Politik, sondern auch andere Politiker. In der aktuellen Ausrichtung der Direktzahlungen erhielten 1,7 % der Betriebe 30% der ausgeschütteten Direktzahlungen. „Ich dachte immer, ein sozial begründeter Einkommenstransfer sollte etwas mit Menschen, und nicht mit Fläche zu tun haben“, so Ribbe. Ebenso klar war Ribbes Statement zum Milchmarkt: Schon im Jahre 2002 habe die EU-Kommission eine Studie zur Zukunft des Milchmarktes in Auftrag gegeben, die klar ergeben habe, dass die Abschaffung der Milchquote, sowohl in Bezug auf das Einkommen der Landwirte, als auch in Bezug auf die Belastung der Steuerzahler, die schlechteste aller Optionen gewesen wäre. Im Jahre 2009 empfahl der Europäische Rechnungshof eine strenge Überwachung des Milchmarktes, eine Abkehr vom Welthandel mit Standardprodukten und die Konzentration auf die Versorgung des Binnenmarktes.
BDM-Bundesbeirat Stefan Lehmann blickte in seiner folgenden Rede auf 10 Jahre Engagement von BDM und EMB zurück und ließ die wichtigsten Stationen Revue passieren. Lang habe man in der politischen Arena um Glaubwürdigkeit und Vertrauen ringen müssen, viele Schlepperfahrten nach Brüssel oder auch in Deutschland seien nötig gewesen, um das Thema immer weiter in den Medien und damit auch innerhalb der politischen Diskussion zu halten. Ein erster wichtiger Schritt sei die Installation der Marktbeobachtungsstelle, die prinzipiell der Politik schon die Marktanalyse liefert, für den Milchmarkt im Jahre 2014 gewesen. In der Milchkrise 2015/16 habe die Politik dann aufgrund der scheinbaren Ausweglosigkeit der Krise erstmals Hilfszahlungen an Mengendisziplin bzw. Mengenreduzierung gebunden und somit ein spürbares Erholen des Rohmilchpreises ausgelöst. Eindeutiger konnte, so Lehmann, nicht nachgewiesen werden, dass das BDM-Milchmarktkrisenmanagementkonzept durchaus wirksam und effizient sei.
Im Folgenden standen die Grußworte der Landtagsprominenz im Mittelpunkt: So gratulierten SPD-Agrarsprecher Horst Arnold, FW-Fraktionsvorsitzender Hubert Aiwanger und auch CSU-MdL Martin Bachhuber den Milchviehhaltern für die tolle Organisation des Abends und wünschten weiterhin einen schönen Abend. Inhaltlich machte Arnold seine Unterstützung der BDM-Forderungen deutlich, während Aiwanger vor allem den Lebensmitteleinzelhandel in die Pflicht nahm und Bachhuber die Reise von Ministerpräsident Seehofer zum russischen Staatspräsidenten Putin zur Abschaffung der gegenseitigen Sanktionen lobte.
Als abschließenden Redner konnten die Milchviehhalter BDM-Bundesvorsitzenden und Präsidenten des EMB Romuald Schaber auf der Bühne begrüßen. Nachdrücklich stellte er die Forderung, das BDM-Konzept nun umzusetzen, dem Milchmarkt so krisenresistenter zu machen und nicht wieder auf eine eilig zusammengeschusterte Krisenpolitik zu setzen. Die Zeit sei nun reif für wirksame, im Krisenfall mengenreduzierende Konzepte und die alten Instrumente des Sicherheitsnetzes seien nicht mehr der Zeit angebracht. Die Politik mahnte er zur Eile: Bedingt durch die hohen Interventionsbestände von Magermilchpulver und eine schlechte Verwertung der Eiweißlinie seien die Gefahren einer neuen Krise noch nicht gebannt und die Politik sei gut beraten, den Krisen-Instrumentenkasten jetzt zu komplettieren, anstatt bis zur nächsten Krise zu warten. Trotz eines – scheinbar beginnenden – Umdenkens im BMEL sei hier weiter Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt gefragt, sich mit dem gesamten Gewicht der Bundesregierung für eine Erweiterung des EU-Sicherheitsnetzes einzusetzen. Die Verdienste und Erfolge von BDM und EMB seien jedoch eindrucksvoll und es fehle nicht mehr viel, den Milchmarkt ein Stück weit zu Gunsten der Erzeuger zu organisieren und nicht der Agrar- und Lebensmittelindustrie anheimfallen zu lassen. Der traditionelle Milchbauernabend endete mit der großen Tombola, in der wiederum reichlich Sachpreise verlost wurden.

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