Landtagskandidaten stellen sich Fragen des BDM

Teisendorf: Im Vorfeld der Landtagswahl hatte der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. (BDM) Direktkandidaten des Stimmkreises Berchtesgadener Land von sieben Parteien zu einer Podiumsdiskussion in den Braugasthof Alte Post in Teisendorf eingeladen. Der Einladung gefolgt sind Markus Aicher (SPD), Wolfgang Koch (AfD), Michael Koller (Freie Wähler), Peter Sturm (ÖDP) und Dr. rer. silv. Bernhard Zimmer (Bündnis 90/Die Grünen). Da Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) verhindert war, kam an ihrer Stelle Franziska Böhnlein, Listenkandidatin der CSU. Nicht anwesend war Franz Farthofer (FDP), der aufgrund einer Autopanne verhindert war.

Nach der Begrüßung durch die Kreisvorsitzende des BDM, Elisabeth Aschauer, ging der aus Garmisch angereiste BDM-Landesvorsitzende Bayern, Hans Leis, auf die aktuelle Situation der Milchviehhalter ein: Er forderte die Politik auf, „frühzeitig und präventiv auf drohende Marktverwerfungen zu reagieren“, die sich aktuell wieder zeigen. Der Rückgang des Milchpreises von etwa 62 Cent pro Kilogramm in 2022 auf derzeit um die 40 bis 44 Cent setze sich fort. Wegen der gestiegenen Produktionskosten sei ein Milchpreis von unter 43 Cent für die Produzenten aber nicht mehr kostendeckend. Bei Bio-Milch läge ein kostendeckender Preis sogar bei 52 Cent. Als Ursachen des Preisverfalls nannte Leis unter anderem die steigende Milchmenge und den Absatzrückgang. Um der Krise zu begegnen, sei eine schnelle Reduzierung des Milchangebots notwendig, so Leis. Abzuwarten, bis dies über Betriebsaufgaben geschehe, sei die schädlichste Methode. Wenn zu viel Milch auf dem Markt ist, sei es sinnvoller, Milchübermengen rechtzeitig einzudämmen, statt diese erst zu produzieren. Um dies umzusetzen gäbe es auf EU-Ebene mit der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) ein geeignetes Instrument. Es sieht unter anderem für Milchviehhalter eine befristete, freiwillige Reduzierung ihrer Milchanlieferung gegen eine finanzielle Ausgleichsleistung vor. Die Bundesregierung solle sich in Brüssel für die Freischaltung dieser Regelung einsetzen. Zudem müsse auf EU-Ebene die Milchmarktbeobachtungsstelle (MMO) ausgebaut und ein Frühwarnsystem implementiert werden. Mittelfristig sei es notwendig, die Milchviehhaltung als eigene Branche anzuerkennen, um schnell und ohne hinderliche Interessenskonflikte marktwirtschaftlich agieren zu können. „Nur mit marktwirtschaftlichen Ansätzen erreichen wir ein marktgerechtes Verhalten der Erzeuger, krisenfeste, resiliente Milchbetriebe, mehr Wettbewerb um die Milch und eine wirtschaftlich nachhaltige, innovative Weiterentwicklung aller Milchviehbetriebe“, so Leis

In der nachfolgenden Podiumsdiskussion wollte Leis, der die Moderation übernahm, zuerst von den Kandidaten wissen, wie sie zu den Ansätzen des BDM zur Krisenbewältigung stehen.

„Ich tue mich schwer, Deckelungen zu akzeptieren“, so Franziska Böhnlein (CSU), aus ihrer Tätigkeit als Unternehmerin in einem Energieunternehmen habe sie mit Deckelungen nur negative Erfahrungen. „Die SPD steht zu den Forderungen des BDM“, so das Bekenntnis von Markus Aicher (SPD). Da vieles auf EU-Ebene geregelt werde, empfahl er als kompetente Ansprechpartnerin die EU-Abgeordnete der SPD Maria Noichl aus Rosenheim. Wolfgang Koch (AfD) plädierte dafür, weniger Geld nach Brüssel zu überweisen, von dem nur die großen Betriebe im Norden Deutschlands oder in anderen EU-Ländern profitieren. „Wir brauchen Zeit, Geld und die Bauern dazu“, so sein Statement. „Ja, ich unterstütze die Forderungen“, so die Antwort von Michael Koller (Freie Wähler). Angebot und Nachfrage müssten den Markt bestimmen, die Bauern dürften nicht in eine Bittstellersituation kommen. Auch Bernhard Zimmer (Grüne) kann sich das gut vorstellen. Zuerst bedürfe es der kurzfristigen Maßnahmen zur Reduzierung des Angebots, das könne aber nicht das Einzige sein, denn „Marktwirtschaft geht nicht in einem monopolistischen Markt“. Nach Auffassung von Peter Sturm (ÖDP) ist die Landwirtschaft „ein Zug, der in die falsche Richtung fährt und es bleiben zu viele auf der Strecke“. Deshalb müsse die Notbremse gezogen werden. Das Marktrisiko müsse gesenkt werden, damit die Preise stabil bleiben und die Anerkennung der Landwirtschaft als eigenständige Branche sei sehr wichtig. Dann stellten sich die Kandidaten den Fragen aus dem Publikum. Bei den Antworten wurde wiederholt auf die Programme der Parteien verwiesen, viele Antworten blieben aber auch vage.

Emotional wurde es bei der Schilderung von Brigitte Taffertshofer zu der Situation ihres Familienbetriebs mit Milchviehhaltung. An Franziska Böhnlein gewandt, meinte sie „Wir möchten ein Notfallprogramm: freiwilliger Verzicht gegen Entschädigung“. Dem könne sie nicht zustimmen, so Böhnlein, denn nach Aussage des Landwirtschaftsministerium „wollen dies die Mehrheit der Bauern nicht“. Böhnlein regte an, zu versuchen, die Erzeugerkosten für Milch zu reduzieren. Dem widersprachen alle anderen Kandidaten vehement, die befürchten, dass dies auf Kosten des Verdienstes der Bauern geht. „Wenn man Produktionskosten drücken will, ist die Gefahr Arbeitskraft zu sparen“, darauf wies Markus Aicher hin. Wolfgang Koch forderte ein Sofortprogramm und Peter Sturm wies darauf hin, dass der Staat Möglichkeiten habe, systemrelevante Betriebe zu retten.

Auch Landwirt Hubert Hogger stellte klar, dass eine Kostenreduzierung bei den derzeitigen Energie- und Futterpreisen nicht möglich ist. „Die CSU bewegt sich nicht und die Grünen wollen die Tierhaltung reduzieren“, so Hogger. Letzterem widersprach Bernhard Zimmer. „Wir wollen nicht die Tiere halbieren. Wir wollen hin zu einer flächengebundenen Landwirtschaft“. Franziska Böhnlein bekräftigte „Niemand von uns will, dass ein Betrieb aufgegeben werden muss“.

Biobauer Bernhard Koch wies darauf hin, dass es immer weniger Landwirte gibt und wollte wissen, wie man mit den freiwerdenden Flächen umgehen soll. Hier waren sich die Kandidaten einig, dass landwirtschaftlicher Grund in landwirtschaftlicher Hand bleiben muss (Slogan „Bauernland in Bauernhand“), dass es aber schwierig sein wird, die Bodenspekulationen einzudämmen.

Landwirt Hans Niederstrasser beklagte die Auflagenflut und die Pläne zur Stilllegung von vier Prozent der Ackerflächen. Alle politischen Parteien wollen den Bürokratieabbau. Man müsse aber bei den Regelungen zwischen großen und kleine Betrieben und regionalen Gegebenheiten unterscheiden, meinte Bernhard Zimmer.

Hans Eisenbichler wollte wissen, warum die CSU behaupte, dass die Grünen das Fleischessen verbieten wollen und was man besser machen könne, damit mehr heimisches Fleisch konsumiert wird. Zu ersterem meinte Franziska Böhnlein, dass es einem Verbot gleichkäme, wenn sich die Leute das Fleisch nicht mehr leisten können. Kein Markt dürfe so stark reguliert werden, dass sich niemand mehr etwas kaufen kann. Zur zweiten Frage verwies Michael Koller auf die heimischen Schlachthöfe, die gestärkt werden müssten und auf die Notwendigkeit, junge Menschen an Berufe der Fleischverarbeitung, wie Metzger, heranzuführen. Man bemerke jetzt wieder eine Rückbesinnung auf das Heimische, meinte Bernhard Zimmer, nachdem man jahrelang anders gedacht habe. „In der EU werden die Regeln gemacht, die den kleinen Betrieben das Leben schwer machen“, so Zimmer. Man brauche aber eine Politik von unten nach oben, nicht umgekehrt.

Abschließend gab die Kreisvorsitzende Aschauer den Kandidaten Themen mit auf den Weg, für die sie sich im Interesse der Landwirtschaft einsetzen sollten, falls sie es in den Landtag schaffen. Es fielen Stichworte wie gerechte Handelsabkommen, schonender Umgang mit Ressourcen, Flächenfraß, Düngerverordnung, Flüchtlingsproblematik oder die „Bauernmillion“.
Mit einem kleinen Präsent in Form von Fairer Milch bedankte sich Aschauer bei den Kandidaten für ihr Kommen und die interessanten Ausführungen, – kon

Fotos: M. Konnert


Diskussionsrunde : (v.l.n.r.) Peter Sturm (ÖDP), Bernhard Zimmer (Bündnis 90/Die Grünen), Michael Koller (Freie Wähler), Moderator Hans Leis, Franziska Böhnlein (CSU), Markus Aicher (SPD), Wolfgang Koch (AfD)

Kandidaten. Die Landtagskandidaten mit BDM-Verantwortlichen: (v.l.n.r.): Peter Sturm (ÖDP), Bernhard Zimmer (Bündnis 90/Die Grünen), Markus Aicher (SPD), Albert Aschauer (stellv. Kreisvorsitzender BDM), Michael Koller (Freie Wähler), Wolfgang Koch (AfD), Franziska Böhnlein (CSU), Elisabeth Aschauer (Kreisvorsitzende BDM), Hans Leis (Landesvorsitzender BDM)