NI: Kundgebung und heftige Diskussionen beim Besuch von Staatssekretär Bleser

(Sulingen/Ni). Auf Einladung des CDU-Bundestagsabgeordneten Axel Knoerig war am Abend des 03.08. Agrar-Staatssekretär Peter Bleser Gast bei einer Veranstaltung in Sulingen, Kreis Diepholz. Spontan versammelten sich vor dem Veranstaltungslokal um die 50 Milchbäuerinnen und-bauern mit ca. 20 Treckergespannen, um den Staatssekretär auf ihre mittlerweile verzweifelte Situation nach über zwei Jahren Milchkrise hinzuweisen.

Nachdem die Runde für die Protestierenden geöffnet wurde, kam es im Anschluss an den Vortrag von Peter Bleser zu heftigen, teils emotional geführten Diskussionen mit den Milcherzeugern. Diese schilderten zunächst die dramatische Lage auf den Höfen, die Rede war nicht von einer Milchkrise, sondern von einer Katastrophe.
Heinrich Rauert, Kreisteamleiter des BDM in Cloppenburg, sagte: „Die Bauern sterben wie die Fliegen an der Wand!“ Eine junge Landwirtin berichtete, wie ihr Traum, den Betrieb des Großvaters zu übernehmen, gerade zerplatzen würde. Immer wieder sprachen die Redner die Milchmenge als Ursache des Problems an und forderten den Staatssekretär auf, hier mit mengenreduzierenden Maßnahmen das Problem der Übermenge anzupacken. Bleser verwies auf die Eigenverantwortung der Branche und die Möglichkeit, die Menge in Absprache zwischen Erzeugern und Molkereien zu regeln. Die Milcherzeuger versuchten daraufhin, ihm die besondere Situation im Kerngebiet des Deutschen Milchkontors DMK zu erklären, wo man wegen der fehlenden Möglichkeit zum Molkereiwechsel von  einem kompletten Marktversagen ausgehen müsse.
Bleser betonte immer wieder, die Zeit der Quote sei vorbei, und der Staat werde nicht mehr eingreifen. Von BDM-Landesteamleiterin Johanna Böse-Hartje musste er sich daran erinnern lassen, dass man ihm bereits mehrmals das BDM-Krisenkonzept und dessen Unterschied zu alten Milchquote erklärt habe. „Wollen Sie es nicht verstehen, oder können Sie es nicht verstehen?“ lautete ihre ironische Frage. Der Staatssekretär bekannte sich sehr deutlich zur Förderung des Exports auch auf Kosten der Milchbauern und stand auch zu den Aussagen des Abteilungsleiters Tholen aus dem ML, wonach „Strukturwandel und Ressourcenallokation“ nicht behindert werden sollten und deshalb das BDM-Krisenkonzept abgelehnt werde. Ebenfalls machte er sehr deutlich, dass auch die Aufhebung des Russlandembargos, die ja im Übrigen von Russland ausgehen müsste, nicht nennenswert zur Marktentlastung beitragen würde. Der Hoffnung seines CDU-Parteifreundes Axel Knoerig auf eine Mengenregelung durch eine Branchenorganisation erteilte Bleser ebenfalls eine Absage. Die Menge werde in Zukunft der Markt regeln. Der AbL-Landesvorsitzende Ottmar Ilchmann, Milchbauer in Ostfriesland und BDM-Teammitglied, erinnerte Herrn Bleser an seine ganz besondere persönliche Verantwortung für die aktuelle Lage der Milchbauern, da er als langjähriger „Strippenzieher“ der CDU-Agrarpolitik mit dafür gesorgt habe, dass nach dem Auslaufen der Quotenregelung keinerlei Kriseninstrumente installiert worden seien.
Er machte auf die fatale Rolle aufmerksam, die auch der deutsche Bauernverband bei dieser Fehlentscheidung gespielt habe, zuletzt noch beim Milchgipfel der landwirtschaftlichen Verbände auf Einladung von Bleser, wo der DBV als einziger von sechs anwesenden Verbänden sich gegen eine Rückführung der Milchmenge ausgesprochen hatte. Ohne koordinierte Mengenreduzierung, so Ilchmann, werde die Krise letztlich durch eine Reduzierung der Zahl der Betriebe enden.
Die Wut und Verzweiflung der Milchbauern hinterließ wohl selbst bei den CDU-Veranstaltern ein ungutes Gefühl, denn in seinem Schlusswort äußerte sich ein CDU-Ortsvertreter enttäuscht vom Auftritt des Staatssekretärs, er habe sich mehr davon erhofft. Peter Blesers routiniertes Auftreten und seine teilweise arrogante Art konnten eben nicht darüber hinwegtäuschen, dass er und das gesamte Landwirtschaftsministerium gegenüber der aktuellen Lage rat- und hilflos sind, weil sie sich der einzigen gangbaren Lösungsmöglichkeit konsequent verweigern.

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