„Wo keine Kühe mehr grasen, können auch keine Touristen mehr gemolken werden!“

Dies war einer der Sätze, die von der Landesdelegiertenversammlung im bayerischen Allershausen in Erinnerung bleiben werden. Bewegte sich die Versammlung doch zwischen einem breiten Rückblick der BDM-Arbeit des letzten Jahres, der Frage nach Antworten der Politik und vielen zukunftszugewandten Diskussionen aus der gesamten Landesdelegiertenschaft.

Als politischer Gast war die amtierende Vorsitzenden des Agrarausschusses Petra Högl (CSU-MdL) zu Gast.
Nachdem Landesvorsitzender Hans Leis routiniert die Versammlung eröffnet und die nötigen Regularien geklärt hatte, berichtete Manfred Gilch, über die Arbeit des vergangenen Jahres. Anfang des Jahres standen noch die zukunftsweisenden Ergebnisse der Zukunftskommission Landwirtschaft, in dem BV und Raiffeisenverbände u. a. auch einer im Zentrum der Diskussion. Im Rahmen der Internationalen Grünen Woche prägte der BDM wiederum mit seinem milchpolitischen Symposium die agrarpolitische Debatte mit. Im Rahmen der Messe war es zu einem ersten Gespräch mit dem neuen EU-Agrarkommissar Christoph Hansen gekommen, bei dem auch schon ein zentrales Thema des laufenden Jahres von Bedeutung war: Der geforderte Weidezwang für Bio-Betriebe. Dieser Zielkonflikt zwischen den Anforderungen der EU-Ökoverordnung und vernünftigen und erfüllbaren Anforderung für Bio-Betriebe habe auch die Agrarministerkonferenzen in Baden-Baden und Heidelberg geprägt, so Gilch. Allerdings habe es der BDM bei diesen Gelegenheiten auch nicht versäumt, auf die Fragen der Marktstellung und die zunehmend bedrohliche Situation auf dem Milchmarkt aufmerksam zu machen.

Weitere Höhepunkte der Arbeit im Sommer seien u.a. die Begleitung der Sonder-AMK in Berlin und die Hoffeste zum Tag der Milch am 1. Juni gewesen. Aber auch die traditionellen Milchbauernabende seien nicht zu kurz gekommen. Neben dem Milchbauernabend auf Kloster Reutberg habe auch das Kreisteam Landsberg am Lech einen tollen Milchbauernabend organisiert, dessen Teilnehmerzahlen selbst die größten Optimisten beeindruckte. Aber auch viele andere Kreisteams haben zu ihrem Jubiläum 20 Jahre Teamarbeit Grill- oder Hoffeste organisiert. Aber auch auf der politischen Bühne habe man weitergewirkt und sei durch Veranstaltungen mit den jeweiligen Agrar-Abgeordneten in München und Berlin weiterhin im Gespräch geblieben.

Besonders hob Gilch den vor kurzem veröffentlichten Sonderbericht der Monopolkommission hervor. Dieser Bericht, fordere unter anderem von der Politik endlich die Rahmenbedingungen für die landwirtschaftliche Erzeuger zu verbessern. Dies bestätige einmal mehr, die Arbeit und Argumentation des BDM, nach einer dringend notwendigen Stärkung der landwirtschaftlichen Erzeuger, bekräftigte Gilch. „Die starke Marktkonzentration der letzten Jahre bei Verarbeitern und Handel werde ansonsten den Strukturwandel drastisch anheizen“, zitierte Gilch aus dem Sonderbericht. „Dieser Bericht sei vor allem ein Weckruf an die Politik, endlich zu handeln,“ appellierte Gilch abschließend an die Agrarausschussvorsitzende, Frau Högl. Anhand von Grafiken wies Gilch zum Ende seines Berichtes noch einmal auf die besorgniserregende Entwicklung beim Milchmarkt hin. So ist die Milchmenge in Deutschland derzeit um über 7.5 % und in der EU um über 4 % mehr als in der Vorjahreswoche angestiegen, was zu einem drastischen Kurssturz beim Rohstoffwert Milch auf jetzt 35 Cent führte.

Frau Högl bedankte sich zunächst für die Einladung und zeigte sich beim Jahresrückblick und von den vielen Aktivitäten des BDM sehr beeindruckt. Sie, referierte anschließend ausführlich über die bayerische Agrarpolitik. In Bezug auf die Weide-Anforderungen für Bio-Betriebe sagte sie weiterhin ihre Unterstützung zu, spielte den Ball allerdings auch wieder an die Brüsseler EU-Kommission zurück. Allerdings solle die bayerische Staatsregierung Anfang Dezember einen Sachstand zur Umsetzung der Petitionen vorlegen, darauf müsse man aktuell warten, so die Kelheimer Abgeordnete. Landwirtschaft, Tierhaltung und Zukunftsfähigkeit seien Ziele der bayerischen Agrarpolitik, welche mit einer großzügigen Investitionsförderung, einer Intensivierung des Exports und auch mehr Wertschätzung für die Landwirtschaft zu erreichen seien. Gerade die Erschließung von neuen Märkten sei wichtig, so Högl. In Bezug auf die künftige Gemeinsame Agrarpolitik forderte die amtierende Ausschussvorsitzende ein weiterhin eigenständiges Agrarbudget und eine einfachere und bürokratieärmere GAP. Einen eindeutigen Standpunkt vertrat sie mit Blick auf den Artikel 148 GMO. Hier seien ihr die Vorteile nicht klar, es klinge für sie nach mehr Bürokratie und sie empfinde den Rückhalt zur Umsetzung in den Betrieben aus nicht ausreichend, so Högl.

In der anschließenden Diskussion machten die Landesdelegierten allerdings überaus deutlich, dass gerade aus marktwirtschaftlicher Sicht nichts gegen die Einführung einer Vertragspflicht sprechen könne. Schließlich sei kein anderer Wirtschaftsbereich dazu verpflichtet, sein Produkt ohne Kenntnis des dafür zu erzielenden Preises abzugeben. Ebenso sei das Schein-Argument „Bürokratie“ an den Haaren herbeigezogen, da jeder andere Wirtschaftsbereich mit diesen Herausforderungen ohne Probleme umgehen könne. Die Bedeutung der Milchviehhaltung gerade in touristisch intensiv genutzten Gegenden unterstrich ein Delegierter aus dem Berchtesgadener Land mit anfänglich zitiertem Satz. Högl versprach daraufhin, gerne weiter im Gespräch bleiben zu wollen. Die Landesvorsitzenden Gilch und Leis fanden daraufhin lobende Worte für die Offenheit Högls, die man auch schon in vorangegangenen Gesprächen kennengelernt habe und freuen sich auf Fortsetzung des Dialogs.

Nach der Mittagspause standen weitere Formalien, wie die Entlastung des Landesteams und die Vorstellung einer angepassten Struktur der Delegiertenwahlen auf dem Programm. Im Folgenden berichtete Romuald Schaber, BDM-Ehrenvorsitzender und aktueller Aufsichtsrat der Fair Food eG, von der Genossenschaft und der Milchmarke des BDM „Die faire Milch“. Schaber hob heraus, welch einmaliges Programm es sei, dass sich europaweit Milcherzeuger gefunden hätten, die eine Marke in der Hand der Bauern aufzubauen und zu etablieren. Dieses Projekt müsse auch in Deutschland weiterverfolgt werden und biete nun auch den teilnehmenden Landwirten einen interessanten finanziellen Bonus. Auch sei „Die faire Milch“ ein gutes Instrument der politischen Kommunikation, da hier unterstrichen werden könne, dass Landwirte auch selbst Verantwortung übernehmen würden, so Schaber.

Gegen Ende der Versammlung machte Manfred Gilch nochmals auch die sich abzeichnende Marktlage aufmerksam, forderte nun endlich deutliches politisches Handeln, beispielsweise durch einen Freiwilligen Lieferverzicht ein und kündigte spürbare Aktionen des BDM an, sollte sich an der aktuellen Tatenlosigkeit – gerade in München und Berlin – nicht schleunigst etwas ändern. Nach Schließung des Landesdelegiertenversammlung durch Hans Leis nutzen viele der Anwesenden noch die Gelegenheit, um mit Berufskollegen über politische Themen zu sprechen oder sich über die Situation auf den Höfen auszutauschen.