Offener Brief an Barbara Hendricks

Foto: www.barbara-hendricks.de
Sehr geehrte Frau Bundesministerin,gerne würden wir mit Ihnen
den konstruktiven Dialog suchen, wie eine wirtschaftlich tragfähige
Landwirtschaft und nötige Veränderungen im Bereich des Umweltschutzes
für die Landwirte vereinbar sind. Wir nehmen Sie beim Wort, dass Sie an
einem echten Dialog interessiert sind.

Immer wieder stellen wir fest, dass ganz viel über Landwirte und die Wünsche und Vorstellungen zur Landwirtschaft gesprochen wird, aber nur viel zu selten tatsächlich mit den Landwirten, die das umsetzen sollen und zum Teil auch durchaus wollen.

In Ihrer Plakataktion wollen Sie nach eigener Aussage auf humorvolle Weise auf Fehlentwicklungen und nötige Veränderungen in der Landwirtschaft hinweisen. Wir gehen davon aus, dass Sie mit Ihren Plakaten die Landwirte nicht diffamieren wollten, bitten Sie aber zu berücksichtigen, dass die Landwirte in einer wirtschaftlichen Situation, in der bei vielen die Existenz auf dem Spiel steht, verständlicherweise dünnhäutig sind.

Wir als Bundesverband Deutscher Milchviehhalter erwarten eine ernsthafte Diskussion über die Ursachen dieser Fehlentwicklungen und die Bereitschaft, hier auch wirklich Veränderungen vorzunehmen. Wir haben uns in diesem Zusammenhang natürlich die Frage gestellt, ob sich Ihre Plakataktion überhaupt an die richtigen Adressaten wendet. Es sind schließlich nicht die Bürgerinnen und Bürger – und auch nicht die Bäuerinnen und Bauern, die die Ausrichtung der Landwirtschaft bestimmen. Handlungsspielraum und -verantwortung hat in erster Linie die Bundesregierung mit ihren Ministerien. Hier müssen die Erwartungen an eine zukunftsfähige Landwirtschaft in tragfähige und umsetzbare Rahmenbedingungen übersetzt werden.

Seit langem kämpfen wir Milchviehhalter des BDM dafür, Probleme an der Wurzel anzugehen und nicht lediglich an den Folgen herumzukurieren. Bereits bei der letzten GAP-Reform haben wir eine dringend nötige Neuausrichtung der europäischen Agrarpolitik gefordert – weg von einer Eroberung der Weltmärkte über ein „Immer billiger, immer mehr“ mit all den ungewünschten „Nebenwirkungen“.

Die CDU- und SPD-geführte Bundesregierung sah bislang allerdings keinerlei Veranlassung, die Ausrichtung ihrer Agrarpolitik auch nur zu überdenken. Aus eigener Erfahrung, wie schwer nötige Veränderungen in und mit dem Agrarministerium umzusetzen sind, können wir durchaus nachvollziehen, dass Sie möglicherweise versucht haben, über die Öffentlichkeit Druck auf Ihren Ministerkollegen auszuüben.

Allerdings müssen wir Sie darauf hinweisen, dass auch Agrarpolitiker Ihrer eigenen Partei bisher den Agrarkurs der Bundesregierung, den Sie kritisieren, nicht nur mitgetragen, sondern tatkräftig unterstützt haben.

Mit großer Sorge sehen wir, dass statt eines intensiven und sachorientierten Dialogs nun über die Öffentlichkeit erneut eine Frontenbildung betrieben wird, die den Landwirten massiv schadet. Es zeigen sich wegen Ihrer Plakataktion gerade diejenigen stellvertretend für die Bäuerinnen und Bauern entrüstet, die unbedingt weiter an der bisherigen agrarpolitischen Ausrichtung festhalten wollen, die die Landwirte von einer Krise in die nächste führt.  Gleichzeitig verfestigt sich ein Image der Landwirte als „unbelehrbar“ und „veränderungsunwillig“, das den Rückhalt, den die Landwirte bisher in der Gesellschaft hatte, massiv gefährdet. Wenn in einer so wichtigen Frage wie der Ausrichtung der Agrarpolitik eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Ressorts, die mit der Landwirtschaft befasst sind, nicht möglich ist, führt dies zu einer Blockade, die nötige Veränderungsprozesse behindert statt im Sinne der Landwirte zu gestalten.

Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM e.V. würde gerne mit Ihnen und Minister Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, darüber sprechen, wie ein Veränderungsprozess eingeleitet werden kann, der gewährleistet, dass die landwirtschaftlichen Betriebe den Spagat zwischen gesellschaftlichen Erwartungen, betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten und den Anforderungen des Weltmarktes bewältigen können.

Ziel einer Neuausrichtung der Agrarpolitik muss sein, die Landwirte in ihrem Einkommen unabhängiger von staatlichen Transferzahlungen zu machen und damit einen größeren Gestaltungsspielraum für die gezielte Honorierung von spezifischen Umwelt- und Tierschutzleistungen zu erhalten.
Wir würden uns über Ihre Bereitschaft, den Dialog mit uns zu führen, sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Romuald Schaber
Bundesvorsitzender BDM e.V.

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