Produktion von einem Kilogramm Biomilch kostet 60,29 Cent

Deutsche Kosten im Biomilchbereich werden ab sofort jährlich veröffentlicht

(Reuth, 28.11.2019) Die stetig steigende Nachfrage nach Bioprodukten motiviert viele Milcherzeugerinnen und Milcherzeuger in Deutschland und in Europa, ihre Betriebe umzustellen. Allein in den Jahren 2017 und 2018 wurden in Deutschland jeweils knapp 20 Prozent mehr Biomilch in Deutschland produziert. Die wachsende Marktbedeutung der Biomilch lässt auch die Nachfrage nach Informationen zum Sektor stetig steigen. Dem wichtigen Aspekt der Kosten der Biomilchproduktion hat sich nun die Studie „Berechnung der Bio-Milcherzeugungskosten in Deutschland – Wirtschaftsjahre 2011/12 – 2018/19″ des Büros für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) gewidmet. In jährlichen Abständen wird diese Studie, die von MEG Milch Board, BDM und EMB in Auftrag gegeben wurde, die deutschen Produktionskosten im Biomilchsektor veröffentlichen.

Die Gesamterzeugungskosten für das Jahr 2018/19 liegen bei insgesamt 71,89 Cent pro Kilogramm Biomilch. Davon werden die Beihilfen, welche als Betriebseinnahmen gewertet werden, im Anschluss abgezogen. Das sind im Endergebnis 60,29 Cent pro Kilogramm.

Für Kjartan Poulsen vom European Milk Board (EMB) sind die Kosteninformationen unerlässlich, um ein realistisches Marktbild zu erhalten. „Wenn wir die Kosten von 60,29 Cent dem Biomilchpreis von 47,40 Cent gegenüberstellen, wird schnell klar, dass auch für die Biomilchlandwirtinnen und Biolandwirte keine Kostendeckung besteht.“ Nur 79 Prozent der auf den Betrieben entstandenen Erzeugungskosten werden vom Preis abgedeckt. Für eine Deckung all ihrer Kosten inklusive einer fairen Entlohnung ihrer Arbeit würden die ErzeugerInnen noch weitere 16,34 Cent pro Kilogramm erzeugter Biomilch benötigen.

War 2018/19 ein Ausnahmejahr?

Wie Klaus Vetter vom Bundesverband deutscher Milchviehhalter (BDM) betont, zeigt die Studie neben den aktuellen Zahlen auch wichtige Daten zu den vergangenen fünf Jahren: „Auch wenn der Biomilchpreis in den letzten fünf Jahren im Schnitt relativ stabil zwischen 47 und 48,5 Cent lag, war das keine entspannte Situation für die Produzenten. Denn wie die Studie verdeutlicht, betrugen die Erzeugungskosten durchschnittlich 64,16 Cent pro Kilogramm, womit wir bei einer durchschnittlichen Unterdeckung von16,34 Cent sind. Damit ist klar, dass es sich 2018/19 nicht um ein Ausnahmejahr gehandelt hat, da auch für die vergangenen fünf Jahre eine Kostenunterdeckung charakteristisch war.“

Laut Peter Guhl, dem Vorsitzenden der MEG Milch Board, bietet die aktuelle Studie, die von nun an jährlich aktualisiert werden soll, allen Marktakteuren wichtige Informationen: „Wir sind sehr froh, nun die Zahlen im Biomilchsektor schwarz auf weiß vorliegen zu haben. Die Analyse ist wichtig für die deutschen Biomilcherzeuger. Und sie zeigt natürlich auch der Milchindustrie, was an Kosten in die Produktion einfließt und was sich letztlich auch im Preis an die Milchviehbetriebe widerspiegeln muss.“ Sie mache zudem deutlich, dass bei all den Unterschieden zwischen konventioneller und ökologischer Produktion alle Milcherzeuger mit einer signifikanten Kostenunterdeckung konfrontiert sind. Bestätigt wird dies auch vom Bericht zur wirtschaftlichen Lage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Denn der zeigt, dass trotz der höheren Ökomilch-Erzeugerpreise zwischen den ökologischen und konventionellen Milchviehbetrieben seit Jahren nur ein relativ geringfügiger Einkommensunterschied besteht.

Alle drei an der Studie beteiligten Verbände stellen zudem fest: „Verbraucherinnen und Verbraucher, die bewusst Bioprodukte kaufen, gehen sicherlich davon aus, dass sie mit ihrem Einkauf auch eine kostendeckende und faire Entlohnung für die Biomilcherzeuger gewährleisten. Dieser Gedanke ist auch in der Milchbranche weit verbreitet. Die heute vorgestellte Studie legt die tatsächlichen Verhältnisse offen und beweist, dass dem leider nicht so ist. Viele Menschen wollen, dass die Biomilcherzeugung zukunftsweisend und auch zukunftsfähig ist. Dann muss aber auch die wirtschaftliche Basis – und das ist der Biomilchpreis – so gestaltet werden, dass die aufgezeigte Milchpreis-Lücke beseitigt werden kann. Nur mit einem tatsächlich kostendeckenden Milchpreis können die bäuerlichen Biomilchviehbetriebe auch zukunftsfähig wirtschaften und nachhaltig existieren.“

Hintergrund:
Das European Milk Board (EMB), der Bundesverband deutscher Milchviehhalter (BDM) und die MEG Milch Board haben das Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) beauftragt, die Erzeugungskosten für Biomilch zu untersuchen. Diese Berechnung ist repräsentativ für die wirtschaftliche Lage von 4.800 Milchviehbetrieben im Haupterwerb. Von der Auswertung sind Nebenerwerbsbetriebe und Gemischtbetriebe mit einem Schwerpunkt in der Milchviehhaltung ausgenommen.
Diese Analysen stellen eine wichtige Ergänzung zu dem seit 2013 erscheinenden Milch Marker Index (MMI) und den vom EMB herausgegebenen Gutachten zu den Milcherzeugungskosten im konventionellen Bereich in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten dar.

Weitere Informationen:
http://www.europeanmilkboard.org/de/produktionskosten-der-milch/deutschland.html

Kontakte:
Albert Pröpster / Dr. Ute Zöllner – MEG Milch Board: +49 (0)551 5076 490
Silvia Däberitz – EMB: +49 (0)2 808 1936
Klaus Vetter – BDM: 49 174 6590772

V.l.n.r.: Matthias Zahn, Klaus Vetter, Dr. Karin Jürgens, Kjartan Poulsen, Albert Pröpster, Peter Guhl