Krise für Milchviehhalter längst nicht vorbei – Ausgestaltung des Sicherheitsnetzes zügig angehen

(Berlin) In seiner heutigen Pressekonferenz beleuchtete der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM e.V. die aktuelle Situation auf dem Milchmarkt und erläuterte, welche Maßnahmen nötig sind, um den Milchmarkt krisenfest zu machen und die Marktstellung der Milchviehhalter zu verbessern.

Auch im Sinne des intensiv diskutierten Tierwohls und der vielfältigen Anforderungen an die Landwirte im Bereich des Klima- und Umweltschutzes sei es dringend nötig, dass sich die wirtschaftliche Situation der Milchviehhalter deutlich verbessere, erklärte BDM-Sprecher Hans Foldenauer.
„Die Krise ist für die Milchviehhalter noch lange nicht vorbei. Sie werden noch sehr lange brauchen, um die Verluste dieser Krise auch nur annähernd ausgleichen zu können. Es gibt daher überhaupt keinen Anlass, sich schon zurückzulehnen und zu meinen, dass es keinen akuten Handlungsbedarf mehr gäbe“, erklärte Foldenauer. Denjenigen, die in der aktuellen Situation die Milchviehhalter auffordern, nun doch aber Rücklagen für die nächste Krise zu bilden, fehle offenbar jede Kenntnis, wie groß die finanziellen Löcher seien, die diese langdauernde Krise auf den Betrieben gerissen habe, so Foldenauer. Aktuell könnten nur die dringendsten Kosten bezahlt werden. Einige Molkereien würden hingegen bereits wieder Rücklagen bilden – auf Kosten des Milchauszahlungspreises.
Die aktuelle Markterholung stehe auf ganz wackeligen Beinen. „Ob sie anhält, hängt maßgeblich davon ab, wie sich das Anlieferungsverhalten der Milchviehhalter entwickelt.“
Extreme Volatilitäten des Marktes seien Folge des Verhaltens der Marktakteure und dürften daher nicht einfach tatenlos hingenommen werden. Wer behaupte, dass man daran nichts ändern könne, habe die Milchviehhalter schon aufgegeben, erklärte BDM-Vorstand Karsten Hansen. Stabilität auf dem Milchmarkt sei wichtig, um den Milchviehhaltern eine Perspektive für die nachhaltige Entwicklung ihrer Betriebe zu geben. Ein aktives Gegensteuern gegen Marktkrisen sei daher unerlässlich.
Verbesserungen der Vertragsbedingungen und Lieferbeziehungen seien notwendig und auch die Absicherung an Warenterminbörsen könne für einzelne Betriebe eine Möglichkeit sein, um einzelbetrieblich das Risiko zu glätten. Wolle man aber insgesamt mehr Wertschöpfung auf die Höfe bringen, müsse das Sicherheitsnetz für den Milchmarkt effizient ausgestaltet werden, um Krisen wirksam begegnen zu können. „Die Verhandlungsposition der Milchviehhalter hängt ganz wesentlich von einem weitgehend ausgeglichenen Milchmarkt ab“, so Hansen.
Bundesagrarminister Christian Schmidt habe 2016 Veränderungswillen gezeigt und habe mit der Entscheidung, die Liquiditätshilfen des nationalen Teils des Zweiten EU-Hilfspakets ebenfalls mit einer Verringerung der Milchproduktion zu verknüpfen, zur Stabilisierung des Milchmarktes beigetragen. Nun müsse er mutig auf diesem Weg weitergehen, so der Appell von BDM-Vorstand Hansen. „Wir bauen darauf, dass wir in der Diskussion um notwendige Krisenmaßnahmen nicht wieder von vorne anfangen müssen. Schließlich wurden mit den Entwicklungen des Jahres 2016 die wesentlichen Argumente gegen die Umsetzung des BDM-Krisenkonzepts entkräftet: Die vermeintlich unmögliche Einigung auf europäischer Ebene konnte erreicht werden, die Umsetzung ist ohne hohen bürokratischen Aufwand unkompliziert machbar und die Marktentwicklung beweist einmal mehr, dass in einem gesättigten Markt schon geringe Mengenreduzierungen deutliche Markt- und Preiswirkung zeigen.“
„Die Interessen von Milchviehhaltern und Verarbeitern sind extrem unterschiedlich – auch das hat die Krise mehr als deutlich gezeigt. Wenn sich diese Erkenntnis auch im Bundesministerium durchsetzen würde, müsste man sich dort von der Idee, dass es die Branche alleine regeln soll, endlich verabschieden“, so BDM-Sprecher Hans Foldenauer. „Das wäre ein Anfang!“
Hansen und Foldenauer regten außerdem ein grundlegendes Überdenken der agrarpolitischen Ausrichtung an. Die berechtigten Erwartungen der Gesellschaft an die Landwirtschaft stünden zum Teil in deutlichem Widerspruch zur aktuellen Ausrichtung der Agrarpolitik. Deshalb müsse hier der Hebel angesetzt werden. Wichtig sei, dass nötige Veränderungen und Verbesserungen für die Landwirte leistbar seien. Für akzeptierte Veränderungsprozesse brauche es zudem einen intensiven Dialog und gegenseitigen Respekt.

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