BY: ,,Die Politik in Europa muss jetzt handeln”

Mit dieser Forderung  wurde die Diskussion zwischen der SPD-Europaabgeordneten Maria Noichl, dem bayerischen Landtagsabgeordneten Reinhold Strobel und BDM-Milchviehhaltern aus der Oberpfalz auf dem Hof von Robert Graf beschlossen.

Vorher hatten die Milcherzeuger klar gemacht, dass durch die erstmalige Anwendung eines Teils des BDM-Krisenmanagementkonzepts die Wirksamkeit bewiesen sei. Auch durch die Mengenreduzierung gegen Entschädigung sei ein Marktumfeld geschaffen worden, in dem geringer Reduzierungen der Anlieferungen wenigstens auf dem Spotmarkt zu einer Verdoppelung des Preises für freie Milch geführt habe.
Zwar sei die aktuelle Krise bei weitem noch nicht ausgestanden, allerdings müsse die Politik nun den Markt krisenresistenter gestalten. Dazu gehöre neben einer Stärkung der Marktbeobachtungsstelle auch die Möglichkeit zur Deckelung bzw. allgemeinverbindlichen Rückführung der Milchmenge in Krisenzeiten, so die Milcherzeuger. Vorschläge, denen sowohl Noichl als auch Strobel zustimmen konnten. Grund für die Krise sei neben der nach Quotenende überschüssigen Milchproduktion auch  die Ausrichtung  der europäischen Agrarpolitik, die eine einseitige und ohne Rückblick auf die Wertschöpfung angelegte Exportstrategie verfolgte, so die Europaabgeordnete.
Mit Blick auf die aktuellen Preiserhöhungen des Lebensmitteleinzelhandels machte Strobel deutlich, dass die Verbraucher durchaus bereit seien, mehr für Milch und Milchprodukte auszugeben ohne ihren Konsum spürbar einzuschränken. Dies beweise, dass der Konsum von Milchprodukten nicht so preissensibel sei, wie teilweise behauptet. Ebenso sei den Verbrauchern ein fairer Preis für ein hochwertiges Produkt leichter zu vermitteln, als periodisch neue Rettungspakete für die Landwirtschaft, so der bayerische Sozialdemokrat.
Maria Noichl, seit einiger Zeit auch Beauftrage des EU-Parlaments zum Thema Land Grabbing, thematisierte in folgenden die Diskussionen zur Gemeinsamen Agrarpolitik 2021. Hier werde von einigen Akteuren die Installation eines Margenschutzprogramms nach US-Vorbild erwogen. Die Milchviehhalter machten klar, dass auch ein solches Programm staatliches Geld verschlinge und eher die Versicherungen begünstige. Viel sinnvoller sei es, den Markt mit starken Leitplanken zu versehen und somit den Markt vor Marktkrisen zu schützen und die Milchviehhalter näher an kostendeckende Preise heranzuführen. Egal, ob Molkereiquote, Markenschutzprogramme oder Absicherung durch Geschäfte am Terminmarkt: Alle Vorschläge dienten nur zur Zementierung der strukturellen Ungleichgewichte auf dem Milchmarkt und der Ablenkung von strukturellen Veränderungen, die den Milchviehhaltern wirklich helfen würden, so Robert Graf. Fritz Wienert, langjährigen BDM-Landesvorsitzender in Bayern, betonte das Ziel, den Milchviehhaltern möglichst durchgehend kostendeckende Preise zu ermöglichen und somit die starke Abhängigkeit von staatlichen Direktzahlungen zu mindern.
Selbstverständlich war in Anwesenheit einer Europapolitikerin auch die Novellierung der Düngeverordnung und die Vertragsverletzungsklage der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik ein Thema. Hier betonten die Milchviehhalter, dass sauberes Wasser im Interesse aller sei und dass durchaus regionale Probleme bestünden. Diese müssten allerdings in den betroffenen Regionen gelöst werden und dürften nicht zu Regelungen führen, die auch Landwirte in intakten Gebieten belasten würden. Ebenso sei zu beachten, dass viele technische Neuerungen durchaus sinnvoll seien, sich die Milchbauern aufgrund der aktuellen Krise allerdings keine neuen Investitionsanforderungen leisten könnten. Auch mit dieser Forderung trafen die Erzeuger bei den Sozialdemokraten auf offene Ohren, müsste doch gerade den Familienbetrieben ein Verbleiben im Markt ermöglicht werden. Grundsätzlich sei Gülle ein wertvoller Wirtschaftsdünger, dessen korrekte Verwendung den Landwirten, die sich nach der guten fachlichen Praxis richteten, am Herzen liege, so die Gesprächsteilnehmer.
Zum Abschluss des Besuchs baten die Milchviehhalter Noichl, sich im Brüsseler Agrarausschuss für eine Komplementierung und Optimierung des Sicherheitsnetzes nach Vorbild der BDM-Vorschläge einzusetzen. Durch die zunehmende Volatilität am Milchmarkt seien fallende Preise schon zeitnah nach der sich andeutenden Markterholung nicht ausgeschlossen. Die europäische Politik müsse ihre Verantwortung für den Milchsektor nun endlich annehmen und nicht erst im Falle einer neuerlichen Katastrophe handeln. Um einer neuen Krise mit erneuten Milliardenverlusten für die Erzeuger zu verhindern müsse der  Markt strukturell verändert werden.

by_graf1.JPG

by_graf2.jpg