Zukunft Landwirtschaft – eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe?

Unter diesem Titel hatte das BDM-Kreisteam im Rahmen des traditionellen Milchbauernabends in Baindt die Kandidaten zur Bundestagswahl im Landkreis Ravensburg geladen. Und neben den – noch fraktionslosen Vertretern von LINKEN, Korbinian Sekul, der die verhinderte Jasmin Runge vertrat, und Freien Wählern, Eberhardt Sigloch konnte der BDM die drei aktuellen Abgeordneten des Wahlkreises begrüßen: Sowohl Agnieszka Brugger (B90/Grüne), als auch Axel Müller (CDU) und Benjamin Strasser (FDP) ließen sich die Teilnahme an der Podiumsdiskussion nicht entgehen.

Im Zentrum der knapp dreistündigen Diskussion stand die Frage, wie die Landwirtschaft in Anbetracht von Bauernprotesten, steigenden Verbraucheranforderungen und den Ergebnissen der Zukunftskommission Landwirtschaft ausgestaltet werden müsse, um möglichst allen Interessen entsprechen zu können. Schon bei dieser grundsätzlichen Frage wurden in den Eingangsstatements der Kandidaten deutliche Differenzen spürbar: Während die Vertreter:innen von LINKEN und Grünen den, durch die Kommission angestrebten Transformationsprozess durchaus sahen und diesen auch gestalten wollten, waren die Reaktionen bei den Vertretern von CDU, FDP und Freien Wählern hier eher verhalten. Axel Müller versuchte der Frage mit dem Verweis auf die intakte Grünlandregion Oberschwaben auszuweichen, während Benjamin Strasser vor allem die regulatorischen Auflagen der Landwirtschaft verantwortlich machte. FW-Kandidat Sigloch wiederum sah – wie auch die Vertreter von CDU und FDP – den Verbraucher primär in der Verantwortung, der durch seine Entscheidung im Supermarkt die alleinige Macht zur Veränderung hätte. Auf Nachfrage waren Freidemokrat Strasser und Christdemokrat Müller dann doch bereit auch staatliche Eingriffe in versagende Märkte prinzipiell zu akzeptieren, allerdings war doch unverkennbar zu hören, dass eine stärkere Aktivierung der landwirtschaftlichen Unternehmer im Sinner einer Marktliberalisierung eher dem politisch Gewollten entsprach.

Auf die im Raum stehende Frage, was denn in 16 Jahren ununterbrochener Verantwortung der Unions-Parteien für das Landwirtschaftsministerium schiefgelaufen sei, erklärte Müller, die Unionsminister hätten in diesen 16 Jahren die größten Katastrophen verhindern können. Auf Nachfrage konnte Müller als agrarpolitische Leistung des Ministeriums nur auf die weitgehende Sicherung der Direktzahlungen verweisen, wobei er hier den Ausdruck „Agrarsubvention“ entschieden ablehnte.
In Bezug auf den Milchmarkt stellte FW-Kandidat und ehemaliger Milchviehhalter Sigloch die aus seiner Sicht schlechte Marktstellung der Molkereien heraus und verwies auf die Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels. Die Abgeordneten Müller und Strasser verwiesen wiederum auf das Potential von Direktvermarktung und Regionalität, um die Einkommenssituation der Milcherzeuger zu verbessern, während Korbinian Sekul für die LINKE eine staatliche Preisuntergrenze für Rohmilch forderte. Grünen-MdB Brugger machte deutlich, dass ihre Partei auch nach den Wahlen an ihren aktuellen Forderungen für den Milchmarkt, die deutlich mit BDM-Vorstellungen harmonieren, festhalten werde und diese im Falle einer Regierungsbeteiligung auch umsetzen wolle.

Hermann Fischer, als Milchviehhalter und Vorstand der MEG Milchboard einziger Praktiker auf dem Podium musste im Laufe der abwechslungsreichen Diskussion häufig das Wort ergreifen und einige Äußerungen der Politiker richtigstellen. So machte er den Vertretern von CDU, FDP und Freien Wählern deutlich, dass vor einer gerechter Marktstellung der Milcherzeuger in der aktuellen Marktstruktur aktuell keine Rede sein könne und bei den Milcherzeugern nicht von „freien Unternehmern“ ausgegangen werden könne. Ebenso nahm Fischer allerdings die Grünen und ihre, seiner Meinung nach, zu einseitige Position in Bezug auf die Düngung ins Visier. Hier würden Landwirte zu quasi nicht stemmbaren und nicht notwendigen Investitionen gezwungen, was gerade in Grünlandregionen wie eben Oberschwaben auch ökologisch nicht sinnvoll sei, so Fischer.

Bei der anschließenden Fragerunde aus dem Publikum wurden sowohl landwirtschaftskritische Positionen, als auch Meinungen geäußert, die der Landwirtschaft eine insgesamt gute Arbeit bescheinigten, wobei die zweite Fraktion hier leicht überwiegte. So blieb es Karl-Eugen Kühnle in seinem Fazit als BDM-Landesvorsitzender vorbehalten festzustellen, dass Teile der Politik ihre Verantwortung noch immer nicht vollständig wahrnehmen würden es somit auch weiterhin ein starkes bäuerliches Engagement bedürfe, um die richtigen Veränderungen auf den Weg zu bringen.