Die Netzbewegung der Landwirte – Widerstand und Aufbruch – was sagt der BDM dazu?

Vorneweg: Warum haben wir uns bisher nur mit einer Mitgliederinfo, nicht aber mit einem offiziellen Statement zu den geplanten Aktionen gemeldet?

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Die Demonstrationen werden ausdrücklich als verbandsunabhängige Organisation bezeichnet und darin wird die Stärke der Bewegung gesehen. Wir halten es für wichtig, der Aufbruchstimmung und dem Willen, wieder gemeinsam aufzustehen, und vor allem den Austausch unter den Landwirten die Chance zu geben sich zu entwickeln und dies nicht durch oberflächliche Verbandsdiskussionen zu behindern.

Eine starke Botschaft
Die Botschaft, die allein schon von dieser großen Mobilisierung ausgeht, ist stark. An Euch und uns wird es aber auch ein Stück weit liegen, welche Botschaft und welches Bild von der Landwirtschaft am Ende bei dieser Aktion vermittelt wird. Davon wiederum hängt ab, was mit den Aktionen erreicht werden kann. Die Emotionen kochen hoch und trotzdem bitten wir Euch, den Kopf nicht auszuschalten. Überlegt Euch, wofür Ihr auf die Straßen geht und bringt das auch zum Ausdruck.
Als basisdemokratischer Verband war und ist es uns wichtig, Eure Stimmen und Eindrücke zu hören, ehe wir uns mit einer offiziellen Verbandsposition äußern. Landesvertreter und Vorstände haben sich ausgetauscht – auf dieser Grundlage wurde die offizielle Verbandsposition formuliert, die von Euch ausdrücklich gewünscht wurde.

Unsere Forderung gefährdet nicht den Erfolg der Aktion und die Einigkeit
Wenn Ihr mitmacht, lasst Euch nicht sagen, dass die Forderung nach einem fairen Einkommen, das die Erfüllung von Mehrleistungen zulässt, falsch ist oder nicht formuliert werden dürfte, weil das die Einheit der Gruppe gefährden oder den Erfolg der Bewegung gefährden könnte.
Die Bewegung ist so stark, dass sie diese Forderung sehr gut „verträgt“. Im Gegenteil: Sie eint uns alle. Und sie ist ein wichtiges Zeichen nach außen, dass wir nicht für ein „Weiter so wie bisher“ auf die Straße gehen. Es kann nicht ausschließlich darum gehen, noch Schlimmeres in Form weiterer Bürokratie und Auflagen zu verhindern. Das würde nur dann reichen, wenn die aktuelle Situation für die meisten Betriebe gut wäre. Das aber ist nicht der Fall, wenn jede weitere Auflage zur Existenzfrage für die landwirtschaftlichen Betriebe wird.

Fehlendes Einkommen überspannt den Bogen
Denn nicht das Agrarpaket, das erst in Zukunft zur Geltung kommen wird, nicht die Verschärfung der Düngeverordnung, die noch nicht in Kraft ist, haben unsere Betriebe an den Rand der Leistungsfähigkeit gebracht, Substanz verbraucht und notwendige Reserven vernichtet. Es ist letzten Endes immer das fehlende Einkommen, das keinen Spielraum für immer noch mehr Anforderungen und Auflagen zum Nulltarif bietet.

Wichtig für den Erfolg und die Umsetzung echter Verbesserungen ist auch, dass die Botschaft, die von dieser Bewegung ausgeht, nicht nur so interpretiert wird: Die Bauern stellen sich gegen den Klimaschutz und sauberes Wasser.
Wenn das die Aussage ist, wird die Gesellschaft, die aktuell in echter Sorge um die Zukunft ist, wenig Verständnis für unsere Anliegen aufbringen. Schon jetzt ist immer häufiger zu hören, dass sich die Bauern ja grundsätzlich gegen alles sperren und daher zum vermeintlich „richtigen“ Verhalten gezwungen werden müssen. Das ist fatal, denn es führt zu falschen und unsachgemäßen politischen Entscheidungen und vor allem zu immer mehr Ordnungsrecht.
Noch fataler: Die Politik zieht sich noch weiter zurück, weil sie keine Lust auf die Dauer-Auseinandersetzung mit der Landwirtschaft hat. Dann ist der neue „Standard-Geber“ der LEH – und der ist nicht zimperlich.

Wofür stehen wir?
Wir müssen deutlich machen, dass wir bereit sind, Mehrleistungen zu erbringen, die für Klima-, Umwelt-, Wasserschutz und Tierwohl notwendig sind, dass dafür aber die Grundvoraussetzung ein nachhaltiges Einkommen ist, das diese Leistungen auch möglich macht.
Dafür, dass sich dieses Einkommen auf dem Markt realisieren lässt, müssen die Voraussetzungen auf politischer Seite geschaffen werden. Wir sind nicht blauäugig: Natürlich geht es nicht darum, Preise politisch zu verordnen oder eine Quote einführen oder was sonst so erzählt wird, um die Forderung nach einem fairen Einkommen vom Tisch zu wischen.
Uns muss auch klar sein: Wir werden in Zukunft nicht jedes Mal, wenn uns eine politische Vorgabe oder Auflage unter Druck setzt, in dieser Stärke auf die Straße gehen können. Und weitere Auflagen werden immer mehr kommen, wenn wir nicht bereit sind, grundsätzlicher die Ursache der Probleme anzugehen.

Wir sagen klar: Angesichts all der drängenden Zukunftsthemen und -strategien in der Landwirtschaft, der zahlreich auftretenden Zielkonflikte und einer sich zunehmend verschärfenden Diskussion genügt es längst nicht mehr, an einzelnen Stellschrauben zu drehen, um die negativen Folgen der bisherigen Ausrichtung der Agrarpolitik aufzufangen. Wir brauchen eine grundsätzliche Richtungsdiskussion und Entscheidungen, die die Probleme an der Wurzel packen.

Dafür gibt es folgende wesentliche Ansatzpunkte:

  • Die Weiterentwicklung und Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik GAP 2020 in Verbindung mit der Gemeinsamen Marktordnung GMO als Leitplanken für eine zukunftsfähige Landwirtschaft
  • für eine deutliche Verbesserung der Marktstellung der Bäuerinnen und Bauern, die uns die Freiheit gibt, als Branche eigenbestimmte Angebote zu machen und Preise für Mehrleistungen zu benennen und durchzusetzen
  • für ein nachhaltiges Einkommen, das uns den Spielraum gibt, die Leistungsfähigkeit von Mensch, Tier und Umwelt nicht bis zur Schmerzgrenze auszureizen ohne dabei die Existenz des Betriebs aufs Spiel zu setzen.

Diese Forderungen klingen pauschal und selbstverständlich sind dafür in der Umsetzung viele konkrete Einzelschritte notwendig. Wichtig ist aber, dass die Gesellschaft versteht, worum es uns in der Zielrichtung geht. Begriffe wie „Agrarpaket“ oder „Düngeverordnung“ sind der Gesellschaft nicht geläufig, daher ist die Gefahr umso größer, dass die Aktion vereinfacht nur so verstanden wird: Die Bauern wehren sich gegen Klimaschutz und sauberes Wasser.


 

Unsere Botschaften lauten daher:

  • Faire Preise sind die Grundlage für mehr Leistungen
    → Umsteuern der Agrarmarktpolitik nötig!

oder

  • Jetzt Umsteuern in der AgrarMARKTpolitik!
    Wir fordern:
    Eine Agrarpolitik für die Bauern mit fairen Preisen für ihre Produkte
    Wir bieten:
    Leistungen für Gesellschaft, Klima & Artenschutz

oder

  • Umsteuern der AgrarMARKTpolitik nötig!Mehr Auflagen ohne faire Bezahlung
    bedeutet einem Nackten in die Tasche zu fassen!

 

Nur wenn die Ausrichtung der Agrarpolitik auf die Interessen der Ernährungsindustrie, d.h. auf billige Preise für landwirtschaftliche Produkte, geändert wird, kann es gelingen, den folgenden Teufelskreis zu durchbrechen:

Kostendruck Effizienz-, Intensivierungs- und Konzentrationsdruck Belastung von Mensch, Tier & Umwelt Auflagen, um Fehlstellungen zu korrigieren noch mehr Kostendruck …

Wir wollen und müssen bei den Kundgebungen niemanden bekehren und missionieren – es reicht völlig, selbstbewusst für seine Überzeugungen und die Interessen der Landwirtschaft einzutreten und dafür zu sorgen, dass die Anliegen der Landwirte gesellschaftlich verstanden werden.
Wir wissen, dass in den Gruppen aktuell diskutiert wird, ob ein BDM-Logo zu sehen sein darf oder sogar muss. Für beides gibt es Argumente: Die einen sagen: Es muss klar sein, wofür die Milchviehhalter des BDM, die immer Lösungen anbieten und zum Dialog bereit sind, eintreten, um nicht für ein „Weiter so“ zu demonstrieren. Dass bei dieser Demo so viele Menschen unterschiedlicher Sektoren und unterschiedlicher Verbandszugehörigkeit vereint demonstrieren, ist ein Zeichen, das stark genug ist. Die Vielfalt stört nicht.

Die anderen argumentieren, dass es nötig sei, alle Verbandszeichen wegzulassen, um Verbandsdiskussionen unter den Kollegen zu vermeiden und die Einigkeit zu stärken.
Wir sind der Auffassung, dass Ihr klug genug seid, das für Euch selbst zu entscheiden. Verstecken müssen wir uns als BDM jedenfalls nicht.

Noch eine dringende Warnung: Verbraucher- und Bürger-Bashing führt uns nicht weiter. Die Erzählung, dass der Verbraucher es in der Hand hat oder schuld sei an der Misere der Bauern, lässt die aus der Verantwortung, die wirklich etwas ändern könnten. Nicht umsonst wird dieses Argument vor allem von denen ins Feld geführt, die alles so lassen wollen, wie es ist. Wer die Verantwortung auf die Verbraucher schiebt, muss selbst nichts tun. Gleichzeitig wird ein Gesellschafts-Bashing zum üblen Bumerang und führt dazu, dass das Gegenteil von dem eintritt, was man eigentlich will. Wer andere beschimpft, wird nicht Wertschätzung, sondern Ablehnung als Antwort erhalten.