Bayerischer Agrarbericht bestätigt: Auch Bayern braucht eine bessere EU-Agrarmarktpolitik!

Zu Jubelstürmen gibt die Situation der bayerischen Landwirtschaft, die vor kurzem von Ministerpräsident Markus Söder als bundesweit maßstabgebend dargestellt wurde, weit weniger Anlass, als dies auch die überaus positive Darstellung der Zahlen des Bayerischen Agrarberichts 2020 durch Agrarministerin Michaela Kaniber annehmen lässt.

Auf den ersten Blick mag der durchschnittliche Gewinn der landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe in Bayern mit rund 55.000 Euro für das Wirtschaftsjahr 2018/2019 recht passabel aussehen. Der Gewinn liege immerhin über dem fünfjährigen Durchschnitt, auch wenn er 2018/2019 um 17% – bei den spezialisierten Milchviehbetrieben sogar um 21% – unter dem angeblich „herausragenden“ Vorjahr liege. Dazu kommen auch bei den Haupterwerbsbetrieben mit einer durchschnittlichen Betriebsgröße von 60 ha rund 13.000 Euro aus verschiedenen außerlandwirtschaftlichen Standbeinen. Auch die Zahlen der Betriebsaufgaben mit 0,7 % im Jahr 2018 könnten sich im Bundesvergleich sehen lassen, ist zu vernehmen.

„Auf den zweiten Blick sieht die Agrarwelt auch in Bayern aber doch deutlich anders aus“, erklärt BDM-Landesvorsitzender Manfred Gilch. „Was der bayerische Agrarbericht verschweigt, ist zum einen, was aus den Unternehmensgewinnen alles bestritten werden muss. Der Unternehmensgewinn ist nicht mit dem verfügbaren Haushaltseinkommen gleichzusetzen.“

Von den Gewinnen müssen beispielsweise betriebliche Darlehen getilgt werden, die insbesondere auch in den vergangenen fünf Jahren aufgenommen werden mussten, um die fast zwei Jahre dauernde Milchkrise zu überstehen. Aus dem Gewinn muss die Altersvorsorge bestritten werden, betriebliche Investitionen für die Zukunft bezahlt werden (bei einer durchschnittlichen Milchvieh-Betriebsgröße schnell im höheren sechsstelligen Bereich) und Rücklagen für die Betriebsentwicklung und zur Risikovorsorge sollten daraus ebenfalls gebildet werden. Seit einigen Jahren verzichtet man angesichts desaströser Zahlen darauf, das tatsächlich verfügbare Haushaltseinkommen für die Landwirtsfamilien auszuweisen. So wundert es auch nicht, dass gerade in den investitionsintensiven Tierhaltungsbetrieben der Strukturwandel sehr viel deutlicher voranschreitet: 2019 gab es noch 27 588 Milchviehbetriebe in Bayern, das waren 1.400 bzw. 4,8 Prozent weniger als 2018 und damit liegt man in Bayern nicht wirklich besser als auf Bundesebene.

Was ebenfalls deutlich wird: Für die Milchviehhalter hielt die Preiserholungsphase ab Mitte 2016, die nach über zwei Jahren rapide sinkender Preise bitter nötig war, gerade mal rund ein Jahr an, ehe die Milchpreise und damit die Gewinne wieder deutlich gesunken sind.

„Man kann immer mehr außerlandwirtschaftliche Standbeine als Kreativität und Vielfältigkeit der Landwirtschaft deuten, was durchaus seine Berechtigung hat. Aber gleichzeitig sind sie auch ein Hinweis darauf, dass im landwirtschaftlichen Haupterwerb nicht genug verdient werden kann. Diverse Standbeine und ein im Mittel mit 1,5 Familienarbeitskräften seit 1981/82 praktisch gleichbleibender Arbeitskräftebesatz bei steigenden Betriebsgrößen bedeuten nicht nur hohe Investitionen in die Mechanisierung, immer noch mehr Standbeine tragen zur ohnehin hohen Arbeitsbelastung insbesondere in den tierhaltenden Betrieben bei. Vielfach führt dies zu einer betrieblichen Überforderung und auch familiären Belastung, die notwendige Betriebsentwicklungen ausbremst und potenzielle Hofnachfolger mehr abschreckt als motiviert“, mahnt Hans Leis, ebenfalls BDM-Landesvorsitzender. „Auch für die bayerischen Betriebe brauchen wir eine Änderung der Agrarmarktpolitik, um den tierhaltenden Betrieben eine zukunftsfähige Perspektive zu geben.

Wir bauen darauf, dass sich Ministerpräsident Markus Söder zusammen mit Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber in Berlin und Brüssel dafür stark machen, dass die Marktposition der Landwirte gestärkt wird und Bayern zum Motor dafür wird, eine krisenfeste, wirtschaftlich gesunde und damit leistungsfähige Landwirtschaft zu erhalten“, betonen Gilch und Leis.
„Auch bei großzügiger Fördergeldvergabe müssen wir unser Einkommen hauptsächlich über unser Produkt auf dem Markt erzielen können. Fördergelder müssen eine gestaltende Anreizwirkung haben, sie können kein fehlendes Einkommen ersetzen.“