Bundesregierung muss mehr Engagement für Agrarmärkte zeigen

Das Jahr 2020 beginnt wie das alte Jahr aufgehört hat: mit langen und endlosen Diskussionen. Aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wird beispielsweise verkündet, dass mit Hilfe von Dialogforen mit Landwirtschaft und Gesellschaft Lösungsvorschläge für die Probleme der Landwirtschaft erarbeitet werden sollen.

„Grundsätzlich begrüßen wir das Bemühen, die Interessen der Landwirtschaft und der Gesellschaft besser als bisher aufeinander abzustimmen“, erklärt BDM-Vorsitzender Stefan Mann. „Um überhaupt mit noch möglichst vielen bäuerlich geprägten Betrieben in die Zukunft zu kommen, sind aber umgehend Lösungen anzugehen und umzusetzen, die zu deutlich mehr Wertschöpfung für unsere Agrarprodukte führen.“

Ganz gezielt müsste die Aufmerksamkeit aktuell beispielsweise auf den anstehenden Brexit gerichtet werden. Keiner kann wirklich konkret voraussagen, wie dieser sich auf die Agrarmärkte und insbesondere auf den Milchmarkt auswirken wird. Fakt ist aber, dass es auf EU-Ebene bisher kein wirkungsvolles Kriseninstrumentarium gibt, um Marktkrisen begegnen zu können, die durch veränderte oder gehemmte Warenströme verursacht werden.
Schon ohne neue Marktkrisen steckt die Landwirtschaft in einer tiefen Wirtschaftskrise. Die Vollkosten sind deutlich unterdeckt, die potenziellen Hofnachfolger verabschieden sich nach und nach von der Landwirtschaft und die ländlichen Räume verlieren zunehmend an Vitalität. „Notwendig ist ein schnelles und beherztes Handeln der Politik.

Erforderlich ist ein Umsteuern in der Agrarpolitik, weg von der Prämisse, die Ernährungsindustrie mit billigen Rohstoffen versorgen zu sollen. Vielmehr gilt es die Marktstellung der Landwirtschaft zu stärken, damit das Einkommen der Landwirte wieder überwiegend über ihr Produkt erwirtschaftet werden kann“, so Stefan Mann. Der BDM hat dazu mit seiner Sektorstrategie Milch 2030 eine Grundlage erarbeitet, die ohne weiteres in ähnlicher Form auch auf die anderen Sektoren der Landwirtschaft übertragen werden könnte.
Gerade wenn man betrachtet, dass die Anforderungen an die Landwirtschaft weiter steigen, sind weitere Milchpreissenkungen, wie sie jetzt schon wieder von einzelnen Molkereien angekündigt werden, nicht akzeptabel. Schon 1 Cent weniger für das Kilogramm Milch bedeutet einen weiteren Einkommensverlust von 330 Mio. Euro allein für die deutschen Milchviehhalter.

Auch gegen die unterirdischen Preise für Kälber und Schlachttieren muss etwas unternommen werden. Ebenso müssen die Preise für Marktfrüchte ihrer tatsächlichen Wertigkeit entsprechen. „Dann können wir Bäuerinnen und Bauern auch Mehrleistungen erbringen, die für einen besseren Umwelt-, Klima- und Naturschutz sowie die Verbesserung des Tierwohls notwendig sind“, so Mann weiter. „Ein Irrglaube ist es, zu meinen, mit Appellen an den Verbraucher oder den Lebensmitteleinzelhandel die Agrarmärkte wieder vom Kopf auf die Füße stellen zu können. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass sich unsere Marktstellung verbessert und wir zu Marktteilnehmern auf Augenhöhe werden, die ihre Produkte gewinnbringend verkaufen können statt sie verramschen zu müssen.“

Der BDM appelliert an die Bundesregierung, dringend notwendige Weichenstellungen nicht mehr länger auf die lange Bank zu schieben. Der BDM erwartet, dass schon vor der Beschäftigung mit mittel- und langfristigen Zukunftsfragen und einem „Green Deal“ zumindest das EU-Sicherheitsnetz für die Agrarmärkte um wirkungsvolle Krisenmechanismen erweitert wird. Bisher scheitert das am fehlenden Engagement Berlins in Brüssel“, kritisiert Mann. „Wir brauchen uns über eine „grünere“ Landwirtschaft nicht mehr unterhalten, wenn uns der Markt schon vorher aus der Kurve trägt.“