BDM-Landesteam Niedersachsen hakt nach – 2. Podiumsdiskussion vor der Landtagswahl im Oktober

Die Landtagswahl am 09. Oktober in Niedersachsen wirft ihre Schatten voraus. Vor diesem Hintergrund lud das Landesteam Niedersachsen des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter e.V. am 01. September wiederholt alle Mitglieder, Fördermitglieder und Interessierte zu einem weiteren Betriebsrundgang mit anschließender Podiumsdiskussion ein. Nach Ostfriesland fand diese Veranstaltung jetzt etwas südlicher im Landkreis Osnabrück auf dem Hof der Familie Annette und Rainer Winter in Bohmte / Hunteburg statt.

Wie geht es weiter mit der Landwirtschaft in Deutschland, insbesondere in Niedersachsen?
Wo sehen die Parteien notwendigen Handlungs- und Reformbedarf?
Welche Änderungen der politischen Rahmenbedingungen bedarf es, um die Marktstellung der Milchviehhalter*innen nachhaltig zu verbessern?

Neben zahlreichen BDM-Mitgliedern aus der Region konnten auch viele interessierte Gäste begrüßt werden, u.a. Markus Kleinkauertz aus Bohmte, CDU-Landtagskandidat für den Kreis Osnabrück.

Rainer Winter, Betriebsleiter und BDM-Landesteammitglied in Niedersachsen, begrüßte alle Gäste auf seinem Hof und stellte in wenigen kurzen Sätzen den Familienbetrieb in Hunteburg vor:

Im Schnitt werden auf dem Betrieb 120 Kühe gemolken, eigene Nachzucht ist vorhanden. Die Milchleistung liegt zwischen 10.000 und 11.000 Litern/ Kuh. Es werden ca. 75 ha landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaftet. Zum Betrieb gehören weiterhin eine Milchtankstelle und eine Direktvermarktung, die nach Worten von Rainer Winter aufgrund der enorm gestiegenen Energiepreise aktuell allerdings auf dem Prüfstand steht.
Auch weitere Problemfelder sprach der Betriebsleiter beim Rundgang mit der Politik offen an: „Investitionen in den Kuhstall und die Siloplatten sind erforderlich. Was fehlt ist die Planungssicherheit. Ich kann als Milchviehhalter leider noch immer keine Rechnungen für mein Produkt schreiben“, so Winter und macht damit auf die fehlende Marktstellung der Erzeugerebene aufmerksam.

Ganz in seinem Element war Rainer Winter dann während der Vorstellung seiner Maschinen für den Einsatz der „Strip-Till-Technik“. Seit etwa 25 Jahren praktiziert er auf seinem Betrieb den Ansatz der bodennahen Gülleausbringung und hat diesen immer weiter entwickelt. Dabei ließ sich Winter stets von dem Grundgedanken leiten, die Nährstoffe direkt zur Pflanze zu bringen. Aus dem Grund legt er die Gülle auf drei verschiedenen Ebenen ab.
(Neugierig? Weitere Informationen dazu gerne in unserem Artikel „Strip-Till-Technik“ zum Anfassen aus April 2022.)

Nach dem halbstündigen, sehr interessanten Betriebsrundgang übernahm Peter Habbena, BDM-Landesteamleiter in Niedersachsen, das Wort. Er begrüßte noch einmal alle Anwesenden und zeigte sich über das große Interesse erfreut.
Anschließend bat er die Podiumsgäste um eine kurze Vorstellung und hielt für jeden Gast dabei gleich eine Einstiegsfrage bereit.

Der Einladung des BDM nach Hunteburg waren gefolgt:
Hermann Grupe, MdL (FDP), Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Niedersächsischen Landtag,
Wiard Siebels, MdL (SPD),
Christian Meyer, MdL (Bündnis 90/ Die Grünen), Spitzenkandidat seiner Partei für die Landtagswahl im Oktober sowie
Albert Stegemann, MdB (CDU), Vorsitzender der Arbeitsgruppe für Ernährung und Landwirtschaft der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion.

In der anschließenden Podiumsdiskussion, an der sich alle Gäste beteiligen konnten, standen neben den Wahlprüfsteinen unseres Verbandes auch aktuelle und regionale Agrarthemen im Mittelpunkt.

Hermann Grupe forderte deutlich, dass Landwirte anständig bezahlt werden müssen und endlich eine Planungssicherheit für Investitionen auf den Höfen geschaffen werden muss. Hier sei die Politik gefordert. Bei dem Thema „Düngeverordnung“ sei dringend Augenmaß erforderlich. Eine Unterdüngung der Pflanze wäre fatal.

Für Christian Meyer von den Grünen ist eine höhere Wertschätzung für Lebensmittel unbedingt notwendig. Von der Politik fordert er zukünftig pragmatische Entscheidungen und führte den „Niedersächsischen Weg“ als ein mögliches Beispiel zukünftiger Zusammenarbeit an. Mit dem Agrarmarktstrukturgesetz und der Reformierung des Baurechts stünden wichtige Themenbereiche an. „Wir müssen endlich machen“, so der Grünen-Politiker. Im BDM-Krisenmanagementkonzept sieht Meyer eine Chance für faire Preise der Milchviehhalter*innen.

Wiard Siebels hob die wirtschaftlichen Anforderungen an die Milchviehhaltung hervor. Die Gesellschaft fordere hochwertige und nachhaltige Lebensmittel zu einem möglichst günstigen Preis. Das sei so nicht möglich. Die Preise für Lebensmittel werden weiter steigen, ein Zurück zu „billig, billig“ wird es nach seiner Einschätzung nicht geben. Auch Siebels verwies auf den „Niedersächsischen Weg“ als ein Paradebeispiel in Sachen Zusammenarbeit von Natur- und Umweltschutz sowie Landwirtschaft. Bei der Überarbeitung der Düngeverordnung ist die Beachtung des Verursacherprinzips unbedingt erforderlich.

Albert Stegemann, selbst Landwirt in Niedersachsen mit 600 Kühen, forderte einen fairen Umgang mit der Landwirtschaft. Für ihre qualitativ hochwertigen Produkte müssen die Landwirte auch fair bezahlt werden.

In der sich anschließenden Fragerunde berichtete u.a. Markus Kleinkauertz, Landtagskandidat der CDU im Landkreis Osnabrück von zahlreichen Hofbesuchen im Zuge seines Wahlkampfes und die ihm dabei begegnete Resignation auf den Betrieben. „Wie soll es für die Landwirtschaft in Deutschland weitergehen?“, so seine Frage an die vier Politiker. Außerdem bewertete er das Verhalten des LEH in Krisenzeiten als klaren Fall für das Kartellrecht.

Deutliche Worte fand auch Heinz Maßmann, 94 Jahre! Er selbst war viele Jahre Landwirt, den Hof führt seit geraumer Zeit sein Sohn. Noch gäbe es keinen weiteren Hofnachfolger. „Ich kann es meinen Enkelkindern nicht verübeln, wenn sie das Risiko der Hofübernahme nicht eingehen wollen“, so der Hunteburger. Er führte aus, dass die Ausgaben der privaten Haushalte für Lebensmittel in den vergangenen 60 Jahren immer weiter gesunken seien. Dies sei nach seiner Meinung auch das Ergebnis einer verfehlten Agrarpolitik.

Das abschließende Wort hatte Thorsten Winter, der potenzielle Hofnachfolger. Er gab unmissverständlich zu verstehen, dass er auf dem Hof mit dem Verkauf der Produkte Geld verdienen muss. Ist das nicht möglich, muss er sich entsprechend von den defizitären Teilbereichen trennen. Er habe als Unternehmer kein Problem, die Hoftüren zu schließen.

Nach diesem nachdenklichen Schlussstatement entließ Peter Habbena die Podiumsgäste und lud zu einem kleinen Imbiss am Grill ein.

Ein ganz herzliches Dankeschön geht an die gastgebende Familie Annette und Rainer Winter sowie an Thorsten und Jara Müller-Kästner für die leckere Bewirtung! Besonders danken möchten wir auch Karina für den tollen Tischschmuck und die tatkräftige Unterstützung zusammen mit Marcel!

Euer BDM-Landesteam Niedersachsen